Hybrid Work: Navigieren an neuen Schnittstellen der Zusammenarbeit

Die neue Realität annehmen

Die COVID-19-Pandemie hat einen Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt ausgelöst. Das mobile Arbeiten hat sich zu einer Notwendigkeit entwickelt. In einem früheren Artikel haben wir beschrieben, wie wir bei Pragmatic Solutions unsere Remote-Arbeit nach agilen Prinzipien organisieren. Mittlerweile hat sich ein neues Paradigma gebildet: die hybride Arbeitsweise. Diese Mischung aus Vor-Ort- und Remote-Zusammenarbeit hat bereits viel Positives bewirkt und eröffnet weitere Chancen. Sie kommt aber auch mit Herausforderungen an die Teamarbeit, die nicht einfach zu lösen sind.

Die Hürden des hybriden Arbeitens erkennen

Die Gewährleistung einer nahtlosen Zusammenarbeit zwischen lokalen «Büro-« und mobilen «HomeOffice»-Teammitgliedern kann eine Herausforderung darstellen. Schon vor der Einführung von «Remote» und «Hybrid» war die Gruppendynamik ein kritischer Faktor für Produktivität. Wenn Menschen zusammenkommen, um eine Aufgabe zu erledigen, «menschelt» es. Erfolg hängt von der Interaktion der verschiedenen Charaktere ab. Individuelle, relevante Fähigkeiten und Kenntnisse sind zu kombinieren und als potenzielle Ressourcen auf die Entwicklung einer Lösung auszurichten. Die Steuerung der Gruppendynamik war schon immer komplex und wird in einem hybriden Umfeld noch anspruchsvoller. Unterschiede in der Affinität und Fähigkeit der Nutzer, Technologie und Kollaborationswerkzeuge zu nutzen, können zu ungleichem Zugang zu Informationen, Diskussionsbarrieren und möglichen Missverständnissen führen. Das geht auf Kosten der Produktivität. Technische Hürden sind aber der einfach zu lösende Teil von den Herausforderungen in der hybriden Zusammenarbeit sind. Schwieriger wird es beim «Faktor Mensch».

Das Rätsel der hybriden Sitzungen

Eine der größten Herausforderungen des hybriden Arbeitens sind effektive hybride Sitzungen. Remote-Teilnehmer:innen haben kaum ein Gefühl für die Atmosphäre im physischen Raum, insbesondere für Spannungen zwischen einzelnen oder mehreren Teilnehmenden. Ihnen fehlt eine ganze Dimension des Informationsinputs: das «Knistern» im Raum. Gruppendynamiken können so verfälscht werden. Macht- und Vertrauensverhältnisse sind weniger offensichtlich. Und Remote-Teilnehmer können sich abgekoppelt fühlen oder Schwierigkeiten haben, einen wirksamen Beitrag zu leisten. Das kann zu Gefühlen des Zögerns, der Ausgrenzung oder der Entfremdung führen.

Hybride Zusammenarbeit optimieren

Technik & Tools

Hybrides Arbeiten erfordert einen erweiterten Werkzeugkasten. Bei Pragmatic Solutions verwenden wir Slack für Messaging, Miro für die gemeinsames Arbeiten, denkplan.com und Jira für die Steuerung unserer Aktivitäten, Confluence für die Dokumentation sowie MS Teams und Zoom für Videokonferenzen. All diese Tools steckten vor der Pandemie noch in den Kinderschuhen. Seitdem haben sich Remote-Collaboration-Funktionalitäten rasant entwickelt. Ja, es gibt Platzhirsche. Aber nie war es einfacher, Angebote für spezifische Nischenbedürfnisse zu finden. Man muss danach suchen, vielleicht sogar in die Co-Entwicklung einsteigen. Jedenfalls ist es für Organisationen unabdingbar, am Puls der technologischen Entwicklung zu bleiben; insbesondere KI wird in naher Zukunft völlig neue Möglichkeiten für hybride Arbeit eröffnen.

Die Kunst des Zuhören fördern

Während Technologie und Werkzeuge notwendig sind, plädieren wir dafür, eine entscheidende zwischenmenschliche Fähigkeit zu stärken: das Zuhören. Die richtige Wortwahl, das Vermitteln von Botschaften und das Geben von Feedback sind wichtig. Aber unsere Erfahrung in hybriden Umgebungen zeigt, dass vor allem die Fähigkeit, einander zuzuhören und aufeinander einzugehen, verbessert werden sollte. KI ist schon ziemlich gut im Zuhören. Wir hingegen haben das in den letzten Jahren vernachlässigt und sollten wieder Vollgas geben.

Über Gruppendynamiken reflektieren

Retrospektiven, ein fester Bestandteil z.B. von Scrum, sollten ein integraler Bestandteil der hybriden Arbeit sein. Formelle, kurze und freundliche Feedbackrunden in Meetings sollten sich schleunigst zu einer ernsthaften Diskussion über die Zusammenarbeit entwickeln. Teilnehmer:innen sollten sich regelmäßig selbst dazu anstossen, über ihr dynamisches und komplexes Gruppenverhalten zu reflektieren. Das ist die Basis, auf der Verbesserungen in der Zusammenarbeit wachsen können.

Transparente & inklusive Kommunikation fördern

Effektive Kommunikation ist der Grundstein für eine erfolgreiche hybride Zusammenarbeit. Sie erfordert – heute fast schon selbstverständliche – nahtlose Audio- und Videoverbindungen sowie transparente, zugängliche Echtzeit-Dokumentation und Benachrichtigungen. Allerdings sehen wir, dass in diesem Zusammenhang emotionale Intelligenz immer wichtiger wird. Vor allem brauchen wir stärkere Interaktions- und Kommunikationsprinzipien, die Transparenz, Inklusion und Engagement auf Augenhöhe fördern. Die Zuweisung klarer Rollen, das konsequente Ansprechen von Fehlverhalten und die umgehende Lösung von Konflikten – wenn die Remote-Teilnehmer:innen Spannungen vielleicht nicht einmal wahrnehmen – sind kritisch. Das Verschleppen von (unausgesprochenen) Konflikten ist im hybriden Umfeld noch giftiger als im Büro. Gruppen sollten deshalb in Erwägung ziehen, eine Moderator:in hinzuzuziehen. Ihre Aufgabe es ist, auf alle Teilnehmenden einzugehen, Spannungen zu lösen und konstruktive Interaktionen zu ermöglichen.

Verantwortung und Verantwortlichkeit kultivieren

In einer hybriden Arbeitsumgebung ist neben Befähigung und Vertrauen das Übernehmen von Verantwortung entscheidend: neudeutsch unterscheiden wir hier zwischen Ownership und Accountability. Das Fördern einer rollenbasierten Entscheidungsfindung sowie die Befähigung und Ermächtigung des Einzelnen, Verantwortung für seine Aufgaben und Konsequenzen für seine Ergebnisse zu übernehmen, kann eine Kultur des Vertrauens und des gegenseitigen Respekts deutlich stärken. Anders als mit MS Teams und Zoom ist das allerdings nicht einfach nur eine Tool-Installation. Es ist wie eine Velotour von Zürich nach Locarno: man weiss bereits am Anfang, dass es länger dauert und zwischendurch immer wieder auf- und abwärts geht. Daran ändert auch der hybride Einsatz von Selber-Kurbeln und Motorunterstützung wenig.

Experimentierfreude, Anpassungsfähigkeit und kontinuierliche Verbesserung begrüssen

Das Navigieren durch die Landschaft der hybriden Arbeitswelt erfordert die Bereitschaft zum Experimentieren und Anpassen. Organisationen sollten offen dafür sein, neue Ansätze, Instrumente und Methoden auszuprobieren und ihre Prozesse auf der Grundlage von Feedback und Erfahrungen kontinuierlich zu verändern. Manchmal ist verfeinern ausreichend. Manchmal ist es besser, konsequent über Bord werfen, was nicht funktioniert. Das mag kurz weh tun, ist aber besser, als ständig bremsende Altlasten mitzuschleifen. Es gibt keine Hybrid-Work-Lösung, die für alle passt. Aber in einer Kultur des kontinuierlichen Lernens und Verbesserns bleiben Teams neugierig, flexibel und reaktionsfähig gegenüber sich ändernden Anforderungen in der hybriden Zusammenarbeit.

Fazit: Die Zukunft der hybriden Arbeit willkommen heissen

Auch wenn persönliche Treffen unverzichtbar sind, müssen wir die asynchrone Zusammenarbeit als neue Normalität akzeptieren. Während wir durch die Gewässer der hybriden Arbeit schippern, ist es wichtig, den Kurs mit Neugier und Experimentierfreude zu setzen. Während der Einsatz neuer Technologien auf der Hand liegt, sollten sich Organisationen strategisch stärker darauf konzentrieren, die Kraft der Gruppendynamik zu stärken. Durch das Fördern der Kunst des Zuhörens, der Reflexion, der inklusiven Kommunikation, von Vertrauen und Verantwortung sowie der Offenheit für Experimente können Organisationen viel mehr vom Potenzial des neuen Paradigmas «Hybrid Work» freisetzen. Die Zukunft der Arbeit ist da. Diejenigen, die die hybride Zusammenarbeit mit einem starken Innovationsgeist annehmen, werden gut positioniert sein, um in diesem dynamischen Umfeld zu gedeihen – auch über Länder und Zeitzonen hinweg.

(Beitragsbild: eidosmedia.com)

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