Kollegiale Lohnverhandlungen: Wie wir unsere eigenen Löhne bestimmen

Wir bei pragmatic solutions leben, was wir lehren. Als kollegial geführtes Unternehmen verteilen wir Führungsaufgaben in wertstiftende und wertschöpfende Rollen, anstelle klassischer Hierarchien. Diese Kollegialität nehmen wir sehr ernst; und darum werden auch die Löhne bei uns nicht vom Chef bestimmt, sondern im Team verhandelt. 

Eine letzte solche Lohnverhandlung führten wir 2019. Dann kam Corona und damit einige unternehmerischen Herausforderungen. Wir entschieden uns dazu, unsere Löhne zu reduzieren – und das Team zog mit.  Die Entscheidung hat sich bewährt, wir stellten neue Kolleg*innen ein und anfangs Jahr beschlossen wir, per 1. Juli die coronabedingten Lohnreduktionen aufzuheben und bei der Gelegenheit unsere Löhne neu zu verhandeln. 

Wie haben wir das gemacht?

Da wir inzwischen auf 14 Kolleg*innen gewachsen sind und schon sehr bald drei Neue bei uns beginnen werden, sehen wir uns mit einer hohen Komplexität konfrontiert. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, den Prozess von der externen Facilitatorin Ingrid Giel begleiten zu lassen.

Unser Ziel war, dass unsere neu verhandelten Löhne: 

  1. unserer Teamlogik (im Vergleich untereinander) 
  2. der Marktlogik (im Vergleich zu ähnlichen Rollen in anderen Organisationen) 
  3. der Unternehmenslogik (was ist die Lohnsumme, welche die Organisation gesund bezahlen kann) und
  4. unseren individuellen Vorstellungen (Hygienefaktor)

entsprechen.

Um das zu erfüllen, haben wir für uns ein Coaching/Consulting-Maturitätsmodell entwickelt. Das Modell eröffnet und die Möglichkeit den individuellen Wertbeitrag mit dem Erwartungen des Marktes abzugleichen und eine strukturierte Diskussion zu führen.   

Jeder, der schon einmal in einer Lohnverhandlung sass, weiss, dass dies schon nur mit dem direkten Vorgesetzten nicht einfach sein kann. Dies nun aber transparent in einem Rahmen von 14 Kolleg*innen zu besprechen, stellt die Facilitatorin vor neue Herausforderungen. Für uns ist es sehr wichtig, dass jede Kolleg*inn sich als wertgeschätzter Teil des grossen Ganzen fühlt. Konkret definierten wir deshalb den folgenden Prozess: 

  1. Vergleichbar mit einem Speeddating gaben wir uns gegenseitig Feedback zu unserer selbstbestimmten Maturität, um das individuelle Selbstbild mit dem Fremdbild aller Kolleg*innen abzugleichen. Basierend auf diesem Feedback bestimmte dann jeder für sich die eigene Maturität, um anschliessend im Konsent-Verfahren die Einstufung ins Maturitätsmodell vorzunehmen. 
  2. Anschliessend erörterten wir die Marktlogik, spricht die «Lohnbänder der jeweiligen Maturitätsstufe» anhand von Vergleichsdaten verschiedener Unternehmen und Verbände.
  3. Wiederum ähnlich eines Speedatings gaben wir uns nun anschliessend gegenseitiges Feedback zum unseren Lohnvorstellung, definierten den eigenen Lohn, und legten diesen wiederum im Konsent-Verfahren im Team fest. 
  4. Zuletzt stimmten wir die einzelnen Löhne mit der gesunden Lohnsumme (Unternehmenslogik) – welche im Vorfeld vom Geschäftsführer und dem Ökonomen festgelegt wurde – ab.  

Nach jedem Schritt fragten wir ab, wie sich jeder Einzelne mit seinem “Ergebnis” fühlt. Die Zufriedenheit am Schluss des Prozesses war sehr hoch. Das Experiment zur Festlegung des eigenen Lohnes war ein Erfolg.

In meiner Rolle als Kollege und als  Geschäftsführer bin ich stolz auf unser Team und sehr zufrieden mit dem Prozess und dem Resultat. Wir sehen, dass alle eine hohe psychologische Sicherheit geniessen, die Dinge beim Namen nennen und direktes und ehrliches Feedback geben können. So konnten wir für alle Beteiligten eine gute Lösung finden. Die nächste Lohnrunde findet im März 2022 statt.

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